
Die durch REACH bewirkten Informationspflichten
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Allgemeines zu den Informationspflichten
Die Informationspflichten gegenüber den Abnehmern oder Lieferanten von Stoffen, Gemischen oder Erzeugnissen gelten auch bei kleinsten abgegebenen oder erhaltenen Mengen.
Es besteht das generelle Gebot der Kommunikation über die den Stoffen zugeordneten
- Gefahren
- Risikominderungsmassnahmen
- Verwendungen
- Registriernummern
aber nicht so weit, dass dadurch vertrauliche Information preisgegeben werden muss.
Diese Kommunikation hat vom Hersteller oder Importeur über die sogenannten nachgeschalteten Anwender bis zu den Endverbrauchern und auch zurück von den nachgeschalteten Anwendern bis zum Hersteller oder Importeur zu erfolgen. Es besteht also innerhalb des EWR auch eine Informationspflicht für die Abnehmer gegenüber ihren Lieferanten (z.B. über neue, durch sie erkannte Gefährdungen bei der Anwendung). Jeder Abnehmer ausser den (privaten) Verbrauchern ist also verpflichtet, dem Lieferanten mitzuteilen, wenn er neue gefährliche Eigenschaften eines Produkts feststellt, oder wenn die Risikomanagementmassnahmen des Sicherheitsdatenblatts sich für eine darin angegebene, identifizierte Verwendung als ungenügend erweisen.
Den Arbeitnehmern ist jederzeit der Zugang zu den Sicherheitsdatenblättern der Stoffe und Zubereitungen zu ermöglichen, mit denen sie arbeiten.
Wenn bei der Verwendung eines Stoffs oder eines Gemischs Massnahmen gegen Gefährdungen nötig sind, besteht darüber Informationspflicht, auch wenn das Produkt nicht als gefährlich eingestuft ist und kein Sicherheitsdatenblatt abgegeben werden muss. In gleicher Weise besteht auch Informationspflicht über Gefährdungen durch Stoffe in Erzeugnissen (in der Schweiz Gegenstände genannt).Stoffsicherheitsbericht, Expositionsszenarien
Für alle registrierungspflichtigen Stoffe mit einer Jahresmenge von 10 t oder mehr pro Hersteller/Importeur ist bei der Registrierung ein Stoffsicherheitsbericht abzugeben. Wenn der Stoff nicht gefährlich ist, genügt im "Stoffsicherheitsbericht" der entsprechende Nachweis. Falls der Stoff gefährlich ist, muss der Stoffsicherheitsbericht unter anderem Expositionsszenarien und Risikominderungsmassnahmen für alle identifizierten Anwendungen (siehe Seite REACH) enthalten. Für die Erstellung von Stoffsicherheitsberichten und Expositionsszenarien stehen Vorlagen zur Verfügung. REACH fordert keine Expositionsszenarien für Gemische, aber in deren Sicherheitsdatenblättern müssen die gemäss den Expositionsszenarien der Einzelstoffe erforderlichen Riskiominderungsmassnahmen berücksichtigt werden.
Informationspflichten bei der Verwendung von Stoffen der Kandidatenliste in Erzeugnissen
Die Kandidatenliste wird neu auch "Liste der für die Zulassung in Frage kommenden besonders besorgniserregenden Stoffe" genannt.
Die Kandidatenliste wird halbjährlich, normalerweise im Juni und im Dezember, durch zusätzliche Stoffe ergänzt.
Wenn ein Erzeugnis einen Stoff der Kandidatenliste in einer Konzentration von mehr als 0.1 % enthält (der nicht absichtlich freigesetzt werden soll), so sind die industriellen und gewerblichen Abnehmer gemäss Artikel 33 der REACH-Verordnung darüber zu informieren. Es ist dabei ausreichende Information zur sicheren Verwendung des Erzeugnisses abzugeben. Falls keine spezielle Information für die sichere Verwendung erforderlich ist, soll mindestens der Stoffname (der gleiche wie in der Kandidatenliste) angegeben werden.
Über die Form dieser Information bestehen keine Vorgaben. Man kann sie als Zusatzinformation zur Gebrauchsanleitung oder zum Technischen Datenblatt oder auf der Etikette oder Verpackung etc. anbringen oder sie mit einem Link zu einer Webseite mit der aktuellen Sicherheitsinformation anbieten.
Detailinformationen zu diesen Informationspflichten findet man unter "Verpflichtungen in Zusammenhang mit der Kandidatenliste".
Auf Anfrage von (privaten) Verbrauchern muss diesen innert 45 Tagen geeignete Information abgegeben werden.
Wenn ein in einem Erzeugnis enthaltener Stoff neu auf die Kandidatenliste gesetzten wird, so ist der Abgeber des Produkts unabhängig von der Menge dieses Stoffs verpflichtet, seine Abnehmer sofort darüber zu informieren, wenn die Konzentration dieses Stoff 0.1 % übersteigt.
Zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten der EU bestand eine Meinungsverschiedenheit darüber, was bei der Umsetzung dieser Vorgabe als 100 %-Basis für die 0.1 %-Grenze gelten soll, ob es das Gesamtgewicht eines zusammengesetzten Erzeugnisses sein soll oder nur das Gewicht des Bestandteils welcher den kritischen Stoff enthält. Darüber hat der EU-Gerichtshof entschieden, dass der einzelne Bestandteil des Erzeugnisses als 100 %-Basis gelten soll, welcher den kritischen Stoff (oft in homogener Form) enthält.
Die neue SCIP Datenbank für Erzeugnisse, die Stoffe der Kandidatenliste enthalten
Seit dem 5. Januar 2021 besteht zusätzlich die weitere Anforderung, weitergehende Daten über Erzeugnisse, die mehr als 0.1 % eines Stoffs der Kandidatenliste enthalten, in die neue SCIP Datenbank zu melden (SCIP: "Substances of Concern In Products").
Die rechtliche Grundlage dafür ist die durch die Richtlinie (EU) 2018/851 novellierte Europäische Abfallrahmenrichtlinie 2008/98/EG.
Die in die Datenbank gemeldeten Daten sollen Entsorgungsunternehmen ermöglichen, Abfälle mit bedenklichen Begleitstoffen zu erkennen, auszusondern und speziell zu behandeln - und sie möglichst aus dem Recyclingstoffkreislauf zu entfernen.
Die aktuell vorgesehenen Informationsanforderungen sind im Dokument Detailed information requirements for the SCIP database beschrieben. Daraus lässt sich ein sehr hoher Arbeitsaufwand für die Erfassung der Daten abschätzen, der bereits heftige Diskussionen ausgelöst hat.
Diese Meldepflicht gilt auch für kleine Mengen (keine untere Mengenschwelle). Zu den Meldungen in die SCIP-Datenbank sind alle Unternehmen verpflichtet, die in der EU Produkte herstellen oder importieren und in Verkehr bringen, welche mindestens einen Stoff der Kandidatenliste (zu mehr als 0.1 %m/m in einem homogenen Bestandteil) enthalten. Ausgenommen von von dieser Meldepflicht sind nur Einzelhändler und andere Akteure der Lieferkette, die Erzeugnisse direkt an Verbraucher liefern.
Lieferanten ausserhalb der EU sind nicht von dieser Meldepflicht betroffen, es ist ihnen auch nicht gestattet, für sich SCIP-Meldungen durchzuführen. Es wird jedoch erwartet, dass die Lieferanten ausserhalb der EU ihren Kunden in der EU die für die SCIP-Meldungen erforderlichen Angaben mittelilen. Wenn die zu meldenden Daten vertraulich sind, besteht die Möglichkeit, mit dem Kunden in der EU eine schriftliche Vereinbarung zu treffen, die ihm erlaubt, ein dem Kunden zugeordnetes Unterkonto einzurichten und dieses für seine SCIP-Meldungen zu benützen, ohne dass vertrauliche Information preisgegeben werden muss. Auf diese Weise erhält der Lieferant eine SCIP-Nummer, die er dann allen anderen Kunden des Produkts in der EU mitteilen kann. Dieses Vorgehen könnte auch die Meldung von aus vielen Teilen bestehenden Erzeugnissen und die Kommunikation mit den Kunden in der EU erleichtern.
Insgesamt machen die Vorschriften betreffend SCIP den Eindruck, schlecht durchdacht und unfertig zu sein. Dies wird zum Beispiel bestätigt durch die Fragen und Antworten zur SCIP-Datenbank der DIHK-Gesellschaft für berufliche Bildung mbH.
Anleitungen zur Informationsbereitstellung
Neben den erwähnten grundlegenden Aufgaben sind unter REACH viele weitere Aspekte der Informationspflichten zu beachten. Darüber hat die ECHA konkretisierende Dokumentenvorlagen (Templates) ausgearbeitet. Die Cefic und der VCI haben zusammen eine Anleitung für das Vorgehen im Fall von Gemischen erstellt.
zur NavigationNeues zum Sicherheitsdatenblatt:
Der Anhang II der REACH-Verordnung über die Erstellung der Sicherheitsdatenblätter ist durch die Verordnung (EU) 2020/878 vom 18 Juni 2020 aktualisiert worden. Damit die eingeführten Änderungen gegenüber der bisherigen Version gut erkennbar sind, haben wir in unserem Exemplar die zusätzlich eingeführten Bestimmungen hervorgehoben. Diese gelten in der EU seit dem 21. Januar 2021. Sicherheitsdatenblätter, die den Bestimmungen dieser Verordnung nicht entsprechend, dürfen in der EU noch bis zum 31. Dezember 2022 abgegeben werden. Für die Schweiz wurde bisher noch keine entsprechende Änderungsverfügung (gegenüber dem Stand von 2018) bekannt gegeben.
Die Schwerpunkte der umfangreichen Änderungen liegen bei den folgenden Themenbereichen:
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Berücksichtigung der neuen Bestimmungen der EU über Stoffe in Nanoform und über Endokrine Disruptoren.
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Anpassung an die Änderungen des GHS der UNO durch dessen 6. und die 7. Revision.
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Ergänzung der im Abschnitt 3 des Sicherheitsdatenblatts anzugebenden Informationen über die Stoffe, resp. die Inhaltsstoffe von Gemischen (spezifische Konzentrationsgrenzen, Multiplikationsfaktoren, Toxizitäts-Schätzwerte etc.), falls verfügbar.
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Präzisierung und Erweiterung der Anforderungen über die im Abschnitt 9 des SDB anzugebenden physikalischen Eigenschaften.
Obwohl diese Änderungen erheblichen Aufwand verursachen werden, denn sehr vielele Sicherheitsdatenblätter werden erneuert werden müssen, hat die EU-Kommission an der kurzen Einführungszeit von nur etwa 2 Jahren festgehalten.
Die Leitlinien zur Erstellung von Sicherheitsdatenblättern sind in der 4. Version, entsprechend den aktuell geltenden Vorschriften verfügbar. Der ebenfalls verfügbare interaktive Leitfaden zu Sicherheitsdatenblättern und Expositionsszenarien (auf Deutsch herunterladen) ist jedoch noch auf dem Stand von 2018.
Dieser interaktive Leitfaden illustriert anschaulich, wie man die Präsentation der verschiedenen Abschnitte eines Sicherheitsdatenblatts und der beigefügten Expositionsszenarien ziemlich knapp gestalten kann. Es ist besonders auf den Link auf der Seite 43 (in der Ausgabe Juni 2018) hinzuweisen "Wenn Sie diesen Link anklicken": Er führt zu einer pdf-Datei "Section 11: Toxicological information". Darin wird beschrieben, wie die toxikologischen Daten im Abschnitt 11 des Sicherheitsdatenblatts eines Gemischs knapp präsentiert werden können.
Weitere Hinweise zum Sicherheitsdatenblatt:
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Für Stoffe muss ein Sicherheitsdatenblatt abgegeben werden, wenn sie
- als gefährlich eingestuft sind oder
- PBT- oder vPvB-Stoffe sind oder
- in einer Nanoform vorliegen oder endokrinschädigende Eigenschaften haben oder
- aus anderen Gründen in die Kandidatenliste für besonders besorgniserregende Stoffe aufgenommen wurden.
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Für nicht gasförmige Gemische muss ein Sicherheitsdatenblatt abgegeben werden, wenn sie als gefährlich eingestuft sind.
Für nicht als gefährlich eingestufte, nicht gasförmige Gemische muss auf Verlangen ein Sicherheitsdatenblatt abgegeben werden, wenn sie
- mindestens 1 % (m/m) eines Stoffs enthalten, der als gefährlich einzustufen ist, oder
- mindestens 0.1 % (m/m) eines Stoffs der Kandidatenliste oder
- mindestens 0.1 % (m/m) eines PBT- oder vPvB-Stoffs oder
- einen Stoff, für welchen ein EU-Grenzwert für die Exposition am Arbeitsplatz besteht.
Im Fall von nicht als gefährlich einzustufenden, gasförmigen Gemischen ist auf Verlangen ein Sicherheitsdatenblatt abzugeben, wenn sie
- mindestens 0.2 Volumenprozent eines Stoffs enthalten, der als gefährlich einzustufen ist, oder
- einen Stoff, für welchen ein EU-Grenzwert für die Exposition am Arbeitsplatz besteht. - Die Sicherheitsdatenblätter sind unverzüglich zu aktualisieren, sobald neue Informationen über die Gefährdungen oder neue Informationen mit Auswirkungen auf die Risikominderungsmassnahmen bekannt werden oder wenn neu eine Verwendungsbeschränkung oder Zulassungspflicht zu beachten ist oder wenn der Hersteller dem Anwender neu von seiner speziellen Verwendung des Stoffs abrät.
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Für Erzeugnisse, aus welchen kein Stoff abgegeben werden soll, ist kein Sicherheitsdatenblatt erforderlich.
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Wenn für die Registrierung eines gefährlichen Stoffs ein Stoffsicherheitsbericht erforderlich war (bei Jahresmenge >10 t), muss ein so genanntes erweitertes Sicherheitsdatenblatt abgegeben werden, in welches die Ergebnisse des Stoffsicherheitsberichts eingearbeitet sind und welches seine Expositionsszenarien als Anhang enthält. Die Angaben des erweiterten Sicherheitsdatenblatts über die zu treffenden Risikominderungsmassnahmen und diejenigen der Expositionsszenarien im Anhang müssen miteinander übereinstimmen.
- Bei Gemischen, welche Stoffe mit erweiterten Sicherheitsdatenblättern enthalten, müssen wohl die relevanten Inhalte der Stoffsicherheitsdatenblätter in die Abschnitte 1 bis 16 des eigenen Sicherheitsdatenblatts des Gemischs integriert werden, es müssen aber keine Expositionsszenarien für ein Gemisch ausgearbeitet werden. (Mindestens in Deutschland und der Schweiz werden die unklaren Vorgaben der REACH-Verordnung offiziell so interpretiert.)
- Das Sicherheitsdatenblatt eines Stoffs muss über all seine sogenannten, identifizierten Anwendungen informieren, welche durch die Registrierung des betreffenden Lieferanten abgedeckt sind, und für welche das Registrierungsdossier die erforderlichen Sicherheitsinformationen enthält.
- Es muss Angaben über den "Derived No Effect Level"-Wert DNEL (für den Menschen) und die "Predicted No Effect Concentration" PNEC (für die Umwelt) enthalten, falls diese verfügbar sind (z.B. bei Stoffen mit Jahresmenge >10 t).
- Die Vorgaben des Sicherheitsdatenblatts über die zu treffenden Risikominderungsmassnahmen sind im EWR für die Stoffanwender verbindlich. Ihre Umsetzung ist obligatorisch, falls nicht gleichwertige alternative Massnahmen getroffen werden (siehe Näheres dazu auf der Seite Massnahmen zur Umsetzung von REACH).
- Das Sicherheitsdatenblatt ist in der EU (und den übrigen Ländern des EWR) durch eine sachkundige Person zu erstellen, welche die besonderen Erfordernisse und Kenntnisse des Anwenderkreises berücksichtigt und dafür Schulungen und Auffrischungskurse erhält. In der Schweiz sollen die Sicherheitsdatenblätter durch eine fachlich kompetente Person erstellt werden, für Details dazu wird auf die im EWR gültigen Angaben der REACH-Verordnung (Anhang II, Ziff. 0.2.) verwiesen.
Das Problem des grossen Umfangs der Sicherheitsdatenblätter
Durch die neuen, detaillierten Vorgaben und den damit verbundenen grossen Umfang ist das EU-Sicherheitsdatenblatt für einen Teil der ursprünglichen Adressaten - die Mitarbeitenden des Betriebs, die Handwerker etc. - nicht mehr lesbar geworden. Damit die für diese Adressaten wichtigen Inhalte der Sicherheitsdatenblätter auch in Zukunft den beabsichtigten Nutzen erbringen können, werden diese in Form von Kurzmerkblättern oder Betriebsanweisungen zusammengefasst werden müssen. Im Moment besteht jedoch erst in einzelnen Ländern (z.B. Deutschland) eine gesetzliche Verpflichtung, solche Kurzmerkblätter oder Betriebsanweisungen anzubieten und anzuwenden.
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